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Fotocredits: Worldsportpics / Frank Uijlenbroek

Europameisterschaft in Amsterdam, Vorrunde Herren: Deutschland - Niederlande 2:2 (0:1)

DHB-Herren schocken Oranje mit zwei späten Toren

06. June 2021

06.06.2021 - Die deutschen Herren haben bei der Europameisterschaft in Amsterdam einen 0:2-Rückstand gegen den ewigen Rivalen Niederlande in den Schlussminuten noch zu einem 2:2-Unentschieden gedreht. Der Punktgewinn war am Ende absolut verdient, denn die DHB-Auswahl hatte insgesamt 11:5 Strafecken und auch aus dem Spiel heraus mehr Ballbesitz. Im letzten Gruppenspiel am Dienstag gegen Frankreich (14.45 Uhr) kann das DHB-Team mit einem klaren Sieg Platz eins in Gruppe B sichern. Das Halbfinale ist den Honamas schon jetzt kaum noch zu nehmen.

Bundestrainer Kais al Saadi: „Hockey ist auf der einen Seite ein Ergebnissport, und wenn du aus Fülle nichts Zählbares auf Scoreboard bringst, ist das nicht gut. Aber Hockey ist eben auch ein Mannschaftssport, und weil wir heute Ergebnissport nicht beherrscht haben, hat am Ende der Mannschaftssport diesen Punkt noch geliefert. Die Jungs waren dabei nie negativ, sondern haben bis zum Ende dran geglaubt und sich gegenseitig gepusht. Dass Luki Windfeder nach den vielen missglückten Ecken am Ende noch dran glaubt und das Match entscheidet, finde ich bemerkenswert. Mich nervt am meisten, dass wir nach diesem Spiel mit einem Remis glücklich sein müssen. Holland war extrem passiv und wir hatten sehr viele Kreisszenen. Wenn wir ab dem letzten Platzviertel besser zusammenspielen, dann bringen wir auch mehr Tore auf die Anzeigetafel. Es war heute der nächste Schritt, aber es müssen auch noch einige kommen.“

Christopher Rühr, der zum Man of the Match gekürt wurde: „Das war ein tolles Finish. Wir wussten, wir können bis zum Schlusspfiff Vollgas geben. Und da wir insgesamt auch das bessere Team waren, war das aus meiner Sicht auch ein verdienter Erfolg am Ende. Die Mentalität ist im Moment super. Das ist unsere neue DNA. Das bestätigt nur unsere Team-Geschlossenheit. Wir haben heute aber auch viel zu viel liegen gelassen.“

Lukas Windfeder: „Ich weiß nicht, wie viele Ecken wir hatten – zum Glück ist der Bann mit der letzten Ecke gebrochen. Heute haben wir das Glück erzwungen. Deren Konter waren immer gefährlich. Wir können uns über den Punkt freuen, aber müssen uns auch ärgern, dass wir so lange 0:2 hinten liegen, wenn wir gegen Holland derart dominant sind wie heute. Ich habe heute auch die geile Stimmung vor ausverkauftem Haus (3.000 aus Corona-Reglementierungsgründen, Anm. d. Red.) sehr genossen. Die Organisatoren haben hier toll was auf die Beine gestellt!“

Linus Müller: „Es ist ein bisschen schade, dass wir das Match nicht früher entscheiden konnten, aber am Ende noch so zurückzukommen, zeigt, was für eine starke Moral wir haben. Wir haben hinten gegen ein starkes Team wie Holland wenig zugelassen. Die waren cleverer im Abschluss, aber über 60 Minuten gesehen kann Holland mit dem Unentschieden eigentlich ganz zufrieden sein.“

Die Deutschen hatten etwas mehr von der Anfangsphase, Rühr prüfte Pirmin Blaak aus spitzem Winkel mit einem Vorhandschuss. Es gab im Konter eine harte Grüne Karte und Eckenentscheidung gegen Lukas Windfeder für ein angeblich absichtliches Fußspiel, doch die Ecke von Jip Janssen segelte am DHB-Tor vorbei. Die Unterzahl hatte das DHB-Team fast überstanden, da gab es eine diesmal klare Ecke für Oranje. Und die ging ganz unglücklich zum 1:0 ins Tor, weil Seve van Ass Martin Häners Knie mit einem halbhohen Querschlenzer traf, von dem die Kugel dann ins deutsche Tor ging.

Kurz darauf erneut eine Grüne Karte gegen Niklas Bosserhoff, so dass die Deutschen erneut in Unterzahl waren, diese aber sicher überstanden. Danach setzten sich die Honamas mal eine ganz Zeit lang in der niederländischen Hälfte fest. Martin Zwicker nahm in der 10. Minute den Videobeweis für eine Ecke und bekam Recht. Die Stechervariante wurde aber gut verteidigt. Blaak verhinderte dann mit einem Weltklassereflex das 1:1 durch Niklas Bosserhoff und kurz darauf auch gegen einen freien Vorhandschuss von Florian Fuchs (11.). Das DHB-Team hatte nun Vorteile.

Und die behielt es auch im zweiten Viertel. Oranje stand tief, setzte auf seine starken Konter. Das DHB-Team immer wieder mit guten Aktionen. Niklas Wellen wurde eine gute Chance wegen Foulspiels weggepfiffen – sehr zu seinem Unverständnis. Dann holten die Deutschen die nächste Ecke (20.), bei der Windfeders Schlenzer von Blaak gehalten wurde und Martin Häner von rechts den Nachschuss halbhoch neben das Tor setzte. Die Gastgeber dann selbst einmal mit gutem Pressing und das wurde in der 24. Minute mit der dritten Ecke belohnt, die Stadler aber ganz stark hielt. Ein Nachschuss ging rechts vorbei.

Ein gut auskombinierter Rechtsangriff brachte die dritte deutsche Ecke (27.), die als hoher Schlenzer gehalten wurde. Da der erste Rausläufer Windfeder unabsichtlich umtrat, forderten die Deutschen eine weitere Ecke, die aber nicht gegeben wurde. Das DHB-Team mit nun klaren Vorteilen, aber noch nicht erfolgreich im Abschluss. Die Führung für Oranje zur Pause auf jeden Fall glücklich, denn die Deutschen hatten mehr vom Spiel und mehr Chancen, aber die Niederländer führten dank eines unglücklich abgefälschten Eckennachschusses und eines zweifellos starken Torwart-Routiniers Pirmin Blaak zwischen den Pfosten.

Die Honamas blieben spielbestimmend im dritten Abschnitt, schnürten die Niederländer wieder lange ein in deren Viertel. Zwei Fouls gegen deutsche Stürmer auf den Weg in den Kreis blieben ungeahndet (35.). Herzbruch und Wellen rutschten dann an einem harten Querball von Bosserhoff nur ganz knapp vorbei. Dann gelang Billy Bakker im ersten Angriff der Niederländer das vermeintliche 2:0, doch Martin Häner nahm den Videobeweis, weil er die runde Seite des niederländischen Kapitäns am Ball gesehen hatte, und er bekam Recht.

Die Deutschen schwammen jetzt aber in dieser Phase etwas, hatten Glück bei einem weiteren Konter, der mittig vor Tor geklärt werden konnte (37.). Wellen lenkte einen weiteren Schlenzer vorm eigenen Tor ins Aus. Zwicker wurde im Mittelfeld gefoult und bekam den Pfiff aber gegen sich. Dann nach harter Flanke von Bosserhoff die vierte deutsche Ecke (41.), der die fünfte direkt folgte, die technisch aber misslang. Rühr wurde beim Nachschuss heftig gefoult am Kreis, aber bekam keine weitere Ecke dafür.

Doch die Deutschen weiter mit guten Aktionen. Fuchs bekam die sechste Ecke fürs DHB-Team (43.), mit der Windfeder nur den rechten Außenpfosten touchierte. Dann stimmte einmal die Zuordnung hinten bei Deutschland gar nicht, so dass ein Ball aus der holländischen Verteidigung bei Mirco Pruijser am deutschen Kreis ankam, der den mitgelaufenen Thierry Brinkman bediente, der nur noch ins leere Tor einzuschieben brauchte (44.).

Die Honamas blieben aber vorn dran, holten ihre siebte Ecke, bei der Blaak einen Schlenzer von Martin Häner brillant mit dem Schläger aus dem rechten Eck fischte. In der 48. Minute dann die achte Ecke, bei der Blaak die Variante auf Wellen stark las und noch parieren konnte. Im Konter holten die Niederländer ihre vierte Ecke (50.), der die fünfte folgt, aber Stadler entschärfte diese. Die Deutschen gaben nie auf, setzten immer wieder zu Angriffen an. Lars Balk sah für ein Schubsen dann Grün (55.). Da nahm dann al Saadi Stadler vom Platz, um mit zwei Mann in Überzahl nochmal alles zu versuchen.

Doch Schiedsrichter Barstow schickte dann Tobias Hauke vom Platz, der aber seinen Gegenspieler beim vermeintlichen Foul gar nicht berührt hatte. Kurz darauf gab Barstow eine umstrittene Strafecke, gegen die die Deutschen sofort den Videobeweis nahmen und auch Recht bekamen. Dann sah Keeper Blaak Grün für ein Wegspielen des Balles Grün und es gab Ecke für Deutschland (58.) sowie eine weitere wegen Fußspiels, bei der Christopher Rühr umgecheckt wurde. Es gab Siebenmeter, für den Ersatzkeeper Maurits Visser aufs Feld durfte. Doch Christopher Rühr verwandelte sicher zum 2:1 (58.).

Die Deutschen nun für zwei weitere Minuten mit Powerplay. 80 Sekunden vor Ende nahmen die Honamas den Videobeweis, um ein Foul an Johannes Große im Kreis zu beweisen. Und dafür wollte der Videoschiedsrichter sogar einen Siebenmeter geben. Die Schiedsrichter gaben aber nur Ecke, doch die versenkte Lukas Windfeder dann flach links unten zum 2:2 (59.). Nun drückte das DHB-Team sogar auf den Siegtreffer, doch der wäre dann vielleicht auch zu viel gewesen.
 

Tore:
1:0    Seve van Ass (KE, 5.)
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2:0    Thierry Brinkman (44.)
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2:1    Christopher Rühr (7m, 58.)
2:2    Lukas Windfeder (KE, 59.)

Ecken:
GER 11 (1 Tor) / NED 5 (1 Tor)

Schiedsrichter:
Francisco Vazquez (ESP) / Dan Barstow (ENG)

Video-Schiedsrichter:
Michael Pontus (BEL)