André Henning startet mit den Honamas in Südafrika / Vier Pro-League-Spiele
"Keine Raketenwissenschaft!"
09. February 2022
Das deutsche Herren-Nationalteam fliegt am Mittwochabend zum ersten Zentrallehrgang mit Neu-Bundestrainer André Henning. Dieser führt die Honamas ins Leistungszentrum des südafrikanischen Hockeys nach Potchefstroom. Dort werden die DHB-Herren nach einer fünftägigen Vorbereitung auch je zwei Auswärtsspiele in der FIH Pro League gegen Frankreich und Südafrika bestreiten.
„Ich werde da jetzt nicht mit Raketenwissenschaft rangehen!“, sagt André Henning lachend. „Meine Handschrift wird eher darin bestehen, dass das Team sehr viel mitbestimmen und mitentscheiden kann und soll. Die Hierarchien werden eher flacher werden.“ Der neue Bundestrainer hat die bisherige Zeit viel mit Beobachtung genutzt, hat sich die Spiele der deutschen Herren im letzten Jahr alle genau angeschaut. Sein Fazit: Da war ziemlich viel schon sehr gut, was unter seinem Vorgänger Kais al Saadi entwickelt wurde.
André Henning hat beim Nationalteam die Tür weit geöffnet. Einige Spieler, die zuletzt keine Rolle mehr gespielt haben oder lange verletzt waren, kommen zurück ins Team. Dazu gehören Tom Grambusch, der unter al Saadi nicht berücksichtigt wurde, oder Mathias Müller, der nach längerer Verletzung den Cut vor Tokio nicht schaffte. Moritz Trompertz, der nach Bronzegewinn in Rio mit gerade mal 21 Jahren einen Schritt zurück machte vom Leistungssport, ist ebenso wieder dabei wie Moritz Rothländer, den zwei langwierige Knieverletzungen rauswarfen. Vier Junioren, die noch im Dezember in Indien Vize-Weltmeister wurden, haben direkt den Sprung in den Südafrika-Kader geschafft – Kapitän Hannes Wulf Müller, Keeper Anton Brinckman, Mario Schachner und Abwehr-Ass Moritz Ludwig. Viele weitere stehen auf Hennings Nachrückerliste, sollen später im Jahr ihre Chance kriegen.
„Individuell gibt es keine bessere Mannschaft“
Das deutsche Hockey verfüge über einen großen Pool an unglaublich talentierten Spielern, sagt der neue Bundestrainer. „Wenn ich alle Namen auf eine Liste schreibe und das individuelle Talent mit jeder anderen Nation – auch Belgien oder Australien – vergleiche, dann sind wir nicht schlechter als die anderen besetzt. Ich weiß, dass ich mich damit weit aus dem Fenster lehne, aber so leicht ist es ja auch nicht. Denn wir haben diesen Umstand als Team zuletzt nicht gewinnbringend genutzt.“
Ein paar Gründe hat der 38-Jährige dafür schon ausgemacht. Da sind die offensichtlichen, wie die mangelnde Effizienz im Kreis und die zu schwache Strafecke. Doch André Henning betont: „Wir müssen in beiden Kreisen effizienter werden – das hatten Kais und sein Team auch so analysiert.“ Dann ist da noch der Hang zum „Beschwerdemodus“, wie Henning es nennt. Die Honamas waren aktuell das Team mit den meisten Karten und damit Unterzahlsituationen. Bei keinem anderen Team höre man so viele laute Beschwerden über Schiedsrichterentscheidungen.
In dieser Mannschaft sind so viele smarte Leute, mit so großer sozialer und emotionaler Intelligenz, dass es einfach unklug wäre, diese nicht mit einzubeziehen und in die Verantwortung zu nehmen
Neu-Bundestrainer André Henning
„Deutsche Teams bleiben Ballbesitz-Teams“
Vom Spielsystem her werde es nicht so viele Veränderungen geben. „Ein deutsches Team wird immer eine Ballbesitz-Team sein“, so der Coach. „Ich denke, wir werden noch etwas aggressiver in den Raum gehen, noch mehr pressen. Aber das entwickeln wir in den kommenden Monaten gemeinsam. In dieser Mannschaft sind so viele smarte Leute, mit so großer sozialer und emotionaler Intelligenz, dass es einfach unklug wäre, diese nicht mit einzubeziehen und in die Verantwortung zu nehmen.“
Für die höhere Torschuss-Effizienz hat sich André Henning zwei Offensiv-Experten als Co-Trainer gesucht. Der lange beim Mannheimer HC als Chefcoach aktive Michael McCann hat auch früher schon mit dem DHB-Team gearbeitet. Polos Bundesligatrainer Matthias Witthaus dagegen gehörte – bis auf kurze Hospitationen – noch nie zum Honamas-Staff. Das Thema Strafecke ist etwas komplizierter. Seit einem Jahr wird auf Falk Schades Initiative bereits ein Leichtathletik-Messplatz in Leverkusen besucht und die Spieler biomechanisch vermessen. Henning will identifizieren, wer in Deutschland die Spezialisten sind, mit denen man zusammenarbeiten könnte, um die deutsche Strafecke wieder näher an die absolute Weltspitze heranzubringen.
Einen Kapitän wird der neue Cheftrainer übrigens nicht bestimmen, wie es Vorgänger Kais al Saadi mit Tobias Hauke machte und auch andere Bundestrainer vorher schon. Der Kapitän sei der Vertreter der Mannschaft, sagt André Henning, und damit sei dessen Wahl bei ihm eine streng demokratische Angelegenheit. Man darf also gespannt sein, wer bei den vier Pro League Partien gegen Frankreich und Südafrika nächste Woche in Potchefstroom die Binde tragen wird.
Vier Auswärtsspiele in der FIH Pro League
In Potchefstroom wird das DHB-Team auf zwei Newcomer in der FIH Pro League treffen. Südafrika und Frankreich sind für Australien und Neuseeland, die wegen Reisebeschränkungen ihrer jeweiligen Regierungen ihre Teilnahme für diese Saison absagen mussten, ins Neuner Teilnehmerfeld der weltbesten Hockeyliga aufgenommen worden. „Für uns sind das die idealen Auftaktgegner“, so André Henning. „Es wird ohnehin eine Herausforderung in der Hitze und bei rund 1.400 Höhenmetern, zumal unsere Spieler fast alle direkt aus der Hallensaison kommen. Frankreich hat zurzeit finanziell ideale Rahmenbedingungen als Gastgeber der nächsten Olympischen Spiele und wir haben uns bei der EM 2021 und zuvor in der Vorbereitung zuletzt schwer getan gegen sie. Südafrika war einer der großen Gewinner in Tokio – nicht nur wegen des Gruppensiegs gegen Deutschland, sondern auch wegen der erfrischenden Art Hockey zu spielen. Beide haben zuletzt einen großen Schritt nach vorn gemacht, und wir werden uns als Team gemeinsam anstrengen, einen Weg zu finden, um gegen sie erfolgreich zu sein.“
FIH Pro League Spielansetzungen (deutsche Zeit):
Mittwoch, 16. Februar, 19 Uhr: Frankreich – Deutschland
Donnerstag, 17. Februar, 19 Uhr: Südafrika – Deutschland
Samstag, 19. Februar, 19 Uhr: Frankreich – Deutschland
Sonntag, 20. Februar, 19 Uhr: Südafrika – Deutschland
Die Spiele werden live bei DAZN übertragen
Der Kader für Potchefstroom:
Name, Vorname | Verein | Alter | Lsp. | Tore | |||
TW | Brinckman, Anton | Harvestehuder THC | 21 | 0 | 0 | ||
TW | Garst, Niklas | Hamburger Polo Club | 26 | 0 | 0 | ||
TW | Stadler, Alexander | TSV Mannheim | 22 | 20 | 0 | ||
1. | Bosserhoff, Niklas | Uhlenhorst Mülheim | 23 | 43 | 4 | ||
2. | Dösch, Paul | Berliner HC | 23 | 6 | 1 | ||
3. | Gill, Luis | Berliner HC | 24 | 2 | 1 | ||
4. | Grambusch, Mats | Rot-Weiss Köln | 29 | 162 | 51 | ||
5. | Grambusch, Tom | Rot-Weiss Köln | 26 | 68 | 26 | ||
6. | Große, Johannes | Rot-Weiss Köln | 25 | 77 | 3 | ||
7. | Hellwig, Malte | Uhlenhorst Mülheim | 24 | 27 | 7 | ||
8. | Herzbruch, Timm | Uhlenhorst Mülheim | 24 | 93 | 47 | ||
9. | Kaufmann, Paul | TSV Mannheim | 25 | 23 | 3 | ||
10. | Ludwig, Moritz | Uhlenhorst Mülheim | 20 | 0 | 0 | ||
11. | Mazkour, Elian | Rot-Weiss Köln | 20 | 0 | 0 | ||
12. | Müller, Hannes Wulf | UHC Hamburg | 21 | 5 | 0 | ||
13. | Müller, Linus | Mannheimer HC | 22 | 28 | 1 | ||
14. | Müller, Mathias | Hamburger Polo Club | 29 | 122 | 9 | ||
15. | Oruz, Timur | Rot-Weiss Köln | 27 | 97 | 14 | ||
16. | Prinz, Thies Ole | Rot-Weiss Köln | 23 | 21 | 2 | ||
17. | Rothländer, Moritz | TSV Mannheim | 24 | 19 | 4 | ||
18. | Rühr, Christopher | Rot-Weiss Köln | 28 | 161 | 67 | ||
19. | Schachner, Mario | Mannheimer HC | 20 | 5 | 1 | ||
20. | Staib, Constantin | Hamburger Polo Club | 26 | 89 | 31 | ||
21. | Trompertz, Moritz | Rot-Weiss Köln | 26 | 43 | 3 | ||
22. | Weigand, Justus | Mannheimer HC | 21 | 16 | 5 | ||
23. | Wellen, Niklas | HC Pinoké (NED) | 27 | 161 | 48 | ||
24. | Windfeder, Lukas | Uhlenhorst Mülheim | 26 | 136 | 48 | ||
25. | Zwicker, Martin | Berliner HC | 34 | 261 | 24 |